Still und leise

Franziska Hauenstein, 25.11.2022

Mein geliebter Nero, mein Freund, mein Engel, mein Seelenwächter… vor zwei Wochen hat dein wundervolles Herz aufgehört zu schlagen. Ich durfte dabei sein, dich begleiten auf deinem letzten Weg, deinen Kopf halten, zuschauen, wie du deine letzten Atemzüge genommen hast… und dann warst du plötzlich weg… still und leise ist das Leben aus deinem Körper verschwunden… und mein Herz ist in tausend Stücke zerbrochen…

Seither steht meine Welt Kopf. Nichts ist mehr, wie es war. Du bist nicht mehr da! Fast zehn Jahre warst du tagein-tagaus, 24 Stunden in meiner Nähe, wir waren zusammen unterwegs, zusammen zu Hause, zusammen ein Herz und eine Seele im wahrsten Sinn des Wortes… du warst mein Halt, meine Aufgabe, hast meinem Leben Sinn, Orientierung und Tiefe gegeben…


 

Ohne dich gäbe es mich vermutlich gar nicht mehr… durch dein beharrliches bei mir sein und bleiben, deine bedingungslose Liebe, dein selbstloses Spiegeln meiner inneren Kämpfe durfte ich so vieles erkennen, neue Erfahrungen machen, Wunder erleben und so vieles durfte heilen. Du warst mein treuer Begleiter auf meiner Reise vom Kopf ins Herz und überhaupt ins wahrhaftige Leben hinein…

Deine Lektionen waren mitunter auch hart - so hart wie die Mauer um mein Herz. Aber das hat dich nicht abgeschreckt, beharrlich bist du einfach immer dageblieben und hast mich gezwungen, auch da zu bleiben. Denn vom ersten Tag an, als wir uns begegneten, war da diese tiefe, untrennbare Liebe und Verbindung zwischen uns…

Jetzt bist du weg und ich darf, muss, kann (?) nun ganz für mich da sein. Ich habe es dir versprochen, mein lieber Schatz, dass ich mich um mich kümmern werde, dass ich sanft mit mir sein werde, fürsorglich und liebevoll, sowie ich es mit dir war…

Es fällt mir schwer… du fehlst mir…


 

In dem Moment als dein schönes, grosses Herz aufgehört hat zu schlagen, ist der Kontakt so abrupt abgebrochen. Es war einfach plötzlich still und leer und ich konnte dich vermeintlich nicht mehr spüren… mein Verstand suchte verzweifelt nach Antworten, Erklärungen, Zeichen, Wegen… Mein Herz ist immer noch wie taub, es blutet, ist wund von diesem so unfassbar schmerzlichen Verlust…

Gleichzeitig ahne ich, dass es darum geht, jetzt wirklich auf das Feine, das Zarte, das Unsichtbare zu vertrauen… das, was uns auch vorher so tief verbunden hat und was auch nicht weggegangen ist, als du eingeschlafen bist… das, was immer da war, was uns zusammengeführt und stets geleitet hat und das, was auch immer bleibt… die Liebe…

Und es gab sogar Wunder-Zeichen…


Da war dieser Buchfink…

Ich war das erste Mal im Wald ohne dich, mein Engel… der kleine Vogel hat in mir dasselbe zärtlich-liebevolle Gefühl ausgelöst, das ist für dich empfinde und ich habe ihn lächelnd-berührt beobachtet. Nach ca. 10 Minuten hat er mich direkt angeschaut und mir dann den Rücken zugewandt – ich konnte meinen Augen kaum trauen, denn auf seinem Rücken habe ich ein Herz entdeckt… Ob das wohl ein Gruss von dir war, geliebter Nero?

 


Oder die Begegnung mit dem Blatt….

Am Sonntag nach deinem Tod sind wir durch den Wald gegangen und plötzlich bei einem Baum stehen geblieben. Ein einzelnes Blatt, das gerade vom Baum segelte, zog unsere Aufmerksamkeit auf sich. Sanft, akzeptierend und voller Vertrauen segelte es ins Ungewisse… weder das Blatt, noch der Baum wussten vermutlich etwas über die Reise, die es antrat, sondern gaben sich einfach hin, nahmen einfach an… sie schienen beide so im Frieden damit, sich und die bekannte Form loszulassen und weiterzureisen, wenn es Zeit ist… im nichtwissenden Vertrauen, dass wenn das Blatt auf den Boden fällt und dort zu Erde wird, dies dem Baum wieder Nahrung bietet und so seine Energie vereint bleibt mit dem Baum, einfach auf eine andere – nicht direkt sichtbare Art.


 

Ich erinnere mich, dass während ich mit zärtlich-traurigen Gefühlen diesem Blatt zugeschaut habe, mir eine leise Stimme innerlich zuflüsterte: «Ok… es ist ok…» und für einen kurzen Augenblick stellte sich eine friedvolle, warme Ruhe in mir ein und ich spürte, es ist ok… es gehört zum Leben dazu, Abschied zu nehmen… es ist ok, traurig zu sein, nicht zu wissen, es wissen zu wollen, alles ist ok… und… Wir sind niemals getrennt, auch wenn sich unsere Daseins-Form verändert.

Die Liebe bleibt für immer…


Jetzt, wo ich das schreibe, wird mir grad noch klar, dass du immer noch dafür sorgst, dass ich auf meinem Weg bleibe. Durch den Abschied ist mir «nur» das Feine, das Zarte, das Intuitive geblieben, um mit dir in Verbindung zu sein. Und dieses nicht (Be-)greifbare finde ich nur in mir – es ist mein innerstes Wesen… Das Feine, Zarte in mir, ist dasselbe Feine, Zarte in dir und wenn ich mir nah bin, kann ich auch dir nah sein… und so geht die Reise zu mir weiter, motiviert, begleitet und inspiriert durch dich, mein Engel… still und leise…


 

Danke, mein geliebter Freund! Danke für unsere kostbare Zeit zusammen, danke für all die tiefen, wesentlichen Erfahrungen. Danke für deine bedingungslose, tiefe Liebe.

Mein Herz ist voll von dir und ich bin unendlich dankbar, dass du weiterhin mein Begleiter bleibst, danke für deine Kraft und deine Energie… Ich liebe dich!

Trotzdem fehlst du mir hier und das ist ok.

Gute Reise, kleiner Mann…

 

Seelenhören · Franziska Hauenstein · 8916 Jonen · nfslnhrnch